Donaufestival Krems – Finales Electro-Pop-Inferno mit Ladytron und Kap Bambino.

„Nodes, Roots & Shoots“ hieß das Motto des diesjährigen Kremser Donaufestivals, aber sogar FM4-Endzeitromantiker werfen dem von Tomas Zierhofer-Kin konzipierten Programm allzuviel Todeslastigkeit und Ernsthaftigkeit vor. Zumindest die Saturday Night Parties in den Österreichhallen sind – trotz nicht ausverkaufter Location – da eine freakig-elektrisierende Ausnahme.

 

In der Halle 2 präsentiert als Opener die Münchner Girl-Band Candelilla, benannt nach dem Wachs eines Lippenstiftes, ihr erstes Album, im Stil von Courtney Love´s Band Hole, allerdings viel handzahmer. Stilbruch dann in Halle 1 – die („ununterdrückbaren“) Irrepressibles, ein zehnköpfiges Orchester-Ensemble aus London, schwelgt mit barocken Kostümen und klassischen Instrumenten dem schwülstigen Operetten- und Revuekitsch. Die „Moving Installations“ der Musiker werden begleitet durch den charismatischen Vocalisten Jamie Mc Dermott. Radikales Noise-Sampling dann in der Halle 2 durch die One-Woman-Show von Lisa Gamble aka Gambletron – die queere Madame aus Montreal mixt expressiven Sound mit Tom Jones-George Michael-Karaoke-Darbietungen schräger Selbstdarsteller, letzteres mehr als ein Hilfsausdruck.

 

Subtiler und cooler die kühl-melancholischen Girls von Ladytron, Helen Marnie und Mira Aroyo. Benannt nach einem Roxy Music-Hit der 70er hat die Liverpooler-Kulttruppe vor allem Hits aus ihrem neuerschienenen „Best of“-Album im Repertoire – (They only want when you´re ) „Seventeen“, „Runaway“ oder ihre Debüt-Single „Playgirl“ („why are you dancing when you could be alone“) summt nicht nur die zahlreich erschienene Queer-Community auswendig mit. Auf den von Tiesto geremixten neuen Single-Hit „Ace of Hz“ wartete man leider vergeblich.

 

Für einen exzessiven, finalen Knalleffekt sorgte dann eine blondierte Lady in Minirock namens Caroline Martial. Diese Interview-Passage sagt alles: "Alles, was wir tun, machen wir, als wär’s das letzte Mal. Jede Show ist wie die allerletzte, und bei jedem Song, den wir aufnehmen, ist es dasselbe. Wenn wir ein Flugzeug besteigen, gehen wir davon aus, dass es abstürzt. Das macht unsere Musik zu dem, was sie ist." Wie eine Lady Gaga auf 100 Ecstasy-Pills wirbelt Caroline vom aus Bordeaux stammenden Duo Kap Bambino über die Bühne, trinkt Dosenbier, hüpft auf die Synthesizer ihres statisch am Laptop agierenden Partners Orion Bouvier und schmeißt sich – stagedivend - in die aufgeheizten Besuchermassen. Der Sound: Electro-Rave-Punk mit einer Lautstärke, die vermutlich sogar manch illuminierten Besucher kilometerweit entfernter Dumpfbacken-Zeltfeste schlagartig wieder nüchtern werden ließ.

 

Mit dem letzten Hall der wilden Caroline war das Donaufestival 2011 Geschichte – ob nächstes Jahr es wieder das 1,9 Mio teure Festival geben wird, wird sich weisen. Fakt ist: Kremser verirrten sich wie üblich nur spärlich auf dem Festivalgelände, die ca. zu 50 % aus Wien kommenden Besucher glänzten nicht gerade mit modischer Extravaganz und Enthusiasmus. Ein Konzept-Relaunch auf ein viertägiges Wochenende so frei nach dem Motto „Weniger ist mehr“ wäre vielleicht nicht die schlechteste Idee. Auf „Kindertotenlieder“ und eine Depressiv-Programmatik kann man getrost verzichten, vor allem in Zeiten der frühlingshaften Aufbruchsstimmung. Die Saturday Night-Parties mit Diplo, Hudson Mohawke, Ladytron oder Kap Bambino waren insofern ein Step into the right direction.....

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Kommentare: 1
  • #1

    tsSLAueP (Montag, 22 August 2022 10:33)

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